Veranstaltungshinweis: Wissenschaftshistorisches Seminar des Leopoldina-Studienzentrums

Prof. Dr. Christina Brandt (Bochum) spricht zum Thema:

"Zeitschichten und Erwartungshorizont. Zukunftskonzepte in den Life Sciences 1950-1980"

Abstract:
Der Vortrag geht der öffentlichen Diskussion über die zukünftigen Auswirkungen der modernen Biowissenschaften in den 1960er und 1970er Jahren (v.a. in den USA, aber auch in Westdeutschland) nach. Entwicklungen in der Gen-, Klon- und Reproduktionsforschung haben in diesen Jahrzehnten nicht nur grundlegend die biowissenschaftliche Forschungslandschaft verändert, sondern sie wurden vor allem zum kontroversen Kristallisationspunkt einer weiträumigen Debatte, in der allgemein die gesellschaftliche Rolle von Naturwissenschaft und Technik in modernen Gesellschaften verhandelt wurde.

Der Vortrag analysiert die verschiedenen Zukunftsentwürfe und Erwartungshorizonte, die im Feld der Wissenschaften, der medialen und wissenschaftspolitischen Auseinandersetzung mit den Life Sciences formuliert wurden und untersucht darüber hinaus, welche imaginierten Zukünfte in der Populärkultur durch die neuen Biotechnologien befördert wurden. Während die Entwicklungen in den 1950er und 1960er Jahren oft von technikoptimistischen Zukunftsvisionen begleitet wurden, begannen in den 1970er und frühen 1980er Jahren pessimistische Einschätzungen zu dominieren. Diese Wende wurde von politischen Ideen von Prävention und Antizipation zukünftiger Wissens- und Technikbestände flankiert. Es wird die These diskutiert, dass sich in diesen Debatten zu den Life Sciences ein Konzept von 'Zukunft' herausschält, dass eine 'offene' Kategorie von Zukunft auflöste und diese nicht mehr als andersartigen, unvorhersagbaren oder zeitlich entfernten Zeithorizont, sondern als antizipierbare Verlängerung der Gegenwart konzipierte.

Christina Brandt ist Wissenschaftshistorikerin und Professorin für Geschichte der Lebenswissenschaften & Philosophische Anthropologie am Philosophischen Institut der Universität Bochum.


Es laden Sie herzlich ein:
Prof. Dr. Rainer Godel und Prof. Dr. Dieter Hoffmann (Mitglied der Leopoldina)